F.1: Politische Publizistik

Projekt

Umfang: 1 Textband, 2 Kommentarbände
Erscheinungstermin:  2012/13 (Projekt abgeschlossen)
Leitung:  Prof. Dr. Barbara Mahlmann-Bauer, Dr. Ruedi Graf Vargas
Mitarbeitende: Dr. Marianne Derron, Dr. Jürgen Donien, Dr. Ruedi Graf Vargas, lic phil. Markus Hofer, Dr. Norbert D. Wernicke

Albert Bitzius engagierte sich in der Umsturzbewegung, die am 13. Januar 1831 zum Rücktritt des Patriziats und im Juli 1831 zur Einführung der Berner Verfassung führte, und gehörte zum Kreis der Liberalen um die Brüder Johann Ludwig, Karl und Hans Schnell. Diese gründeten im Februar 1831 die erste liberale Wochenzeitung, den Berner Volksfreund. Er erschien seit Oktober 1831 bei Carl Langlois in Burgdorf und konnte sich bis 1845 auf dem expandierenden Berner Pressemarkt behaupten. Bitzius mischt sich mit seinen Volksfreund-Artikeln, die der Sitte der Zeit entsprechend meist anonym erschienen, zu einer Vielzahl von Themen ein: Der politische Bedeutungsverlust der Geistlichen im regenerierten Staat ärgert ihn, auf soziale Missstände und bildungspolitische Versäumnisse versucht er aufmerksam zu machen. In den vierziger Jahren sieht er die christlich-moralische Grundordnung als gefährdet an und lässt an der Politik der "Radikalen" kein gutes Haar.

Er misst amtierende Politiker am Anspruch der Berner Verfassung. Als deren kostbarstes Gut betrachtet er zeitlebens das Recht, sich politisch einzumischen. Der Informationsgehalt und der reformerisch-kritische Anspruch seiner Beiträge zeugt von der hohen politischen Kultur der Schweizer Publizistik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der satirische Stil und gelegentliche Kraftausdrücke erschienen den früheren Herausgebern Fritz Huber-Renfer und Kurt Guggisberg als Markenzeichen Gotthelfs. Anschaulichkeit, Drastik und Komik gehören aber zu den Tugenden des polemischen Stils, mit dem viele Berner Journalisten, zumal unter dem Schutz der Anonymität, ihre Angriffe auf politische und soziale Misstände in Bern und aussenpolitische Ereignisse, vor allem in Frankreich und Deutschland, würzten. Je stärker Bitzius an der Berner Regierung, ihren Versäumnissen in der Bildungs- und Sozialpolitik und an einzelnen Beamten Kritik übte, umso mehr meldeten sich politische Gegner, meist im Lager der "Radikalen", mit Angriffen auf den meist als Verfasser nur vermuteten Pfarrer zu Lützelflüh zu Wort, oft auf derselben Stilebene und mit demselben lehrhaft-moralischen Anspruch. Gotthelf hatte seit Anfang der vierziger Jahre im Lager der "Konservativen" Mitstreiter, die gelegentlich mit dem wortgewaltigen Pfarrer von Lützelflüh, den die Gegner aus seinen Erzählungen kannten, verwechselt wurden.